Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern
jurawolf
Beiträge: 967
Registriert: 5. Okt 2010, 23:32

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von jurawolf »

Skeptiker hat geschrieben:Zum Thema Skandinavien nur so viel: Ich bin jährlich da oben, manchmal mehrfach. Und das seit der Wende. Und ich bilde mir ein, dass die Skandinavier gemessen an ihrer Einwohnerzahl in den letzten zwanzig Jahren viel effektiver an Naturzerstörung arbeiten, als wir es gegenwärtig in Deutschland tun. Dennoch empfinde ich die Landschaft gerade Nordskandinaviens immer noch als wesentlich "natürlicher" als unsere. Aber während wir beispielsweise seit Jahrzehnten (im Osten ist das etwas übertrieben) forstliche Kahlschläge über 0,2 ha (länderweise verschieden) verboten haben, betreiben die Skandinavier Kahlschlagswirtschaft in Reinkultur, bis in die letzten Baumregionen ihrer Länder. Diese Riesenkahlschläge sind durchaus auch für mich sehr gewöhnungsbedürftig (obwohl ich Kahlschlägen nicht nur Schlechtes abgewinnen vermag). Allerdings verjüngen die Skandinavier ihre Waldbestände grundsätzlich über ein paar wenige auf den Flächen verbleibenden Samenbäume und damit durch Naturverjüngung. Pflanzungen wie bei uns habe ich da noch nie gesehen - zumindest nicht forstliche...
Eine kleine Ergänzung dazu: Forstliche Pflanzungen mit Kiefern sind in Finnland an der Tagesordnung (zumindest im Norden, kenne nur diese Region). In Schweden kenne ich diese wie du hingegen nicht. Dieser Unterschied ist mir immer wieder aufgefallen. Die Kahlschlag-Forstwirtschaft Skandinaviens ist fürs Auge zwar unschön, aber ich würde das nicht als ökologisch unverträglich bezeichnen. Und vermutlich lässt sich dort oben Forstwirtschaft heute nur in dieser Form wirtschaftlich betreiben.

Skandinavien beginnt für mich in Dalarna, die Gebiete südlich davon sind Mitteleuropa...
Skeptiker
Beiträge: 79
Registriert: 2. Okt 2014, 14:32

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von Skeptiker »

jurawolf hat geschrieben:
Skeptiker hat geschrieben:Zum Thema Skandinavien nur so viel: Ich bin jährlich da oben, manchmal mehrfach. Und das seit der Wende. Und ich bilde mir ein, dass die Skandinavier gemessen an ihrer Einwohnerzahl in den letzten zwanzig Jahren viel effektiver an Naturzerstörung arbeiten, als wir es gegenwärtig in Deutschland tun. Dennoch empfinde ich die Landschaft gerade Nordskandinaviens immer noch als wesentlich "natürlicher" als unsere. Aber während wir beispielsweise seit Jahrzehnten (im Osten ist das etwas übertrieben) forstliche Kahlschläge über 0,2 ha (länderweise verschieden) verboten haben, betreiben die Skandinavier Kahlschlagswirtschaft in Reinkultur, bis in die letzten Baumregionen ihrer Länder. Diese Riesenkahlschläge sind durchaus auch für mich sehr gewöhnungsbedürftig (obwohl ich Kahlschlägen nicht nur Schlechtes abgewinnen vermag). Allerdings verjüngen die Skandinavier ihre Waldbestände grundsätzlich über ein paar wenige auf den Flächen verbleibenden Samenbäume und damit durch Naturverjüngung. Pflanzungen wie bei uns habe ich da noch nie gesehen - zumindest nicht forstliche...
Eine kleine Ergänzung dazu: Forstliche Pflanzungen mit Kiefern sind in Finnland an der Tagesordnung (zumindest im Norden, kenne nur diese Region). In Schweden kenne ich diese wie du hingegen nicht. Dieser Unterschied ist mir immer wieder aufgefallen. Die Kahlschlag-Forstwirtschaft Skandinaviens ist fürs Auge zwar unschön, aber ich würde das nicht als ökologisch unverträglich bezeichnen. Und vermutlich lässt sich dort oben Forstwirtschaft heute nur in dieser Form wirtschaftlich betreiben.

Skandinavien beginnt für mich in Dalarna, die Gebiete südlich davon sind Mitteleuropa...
Du hast sicher Recht, für Finnland kann ich es nicht beurteilen, kenne ich nicht. Norwegen und Schweden dagegen schon - auch für mich beginnt Schweden erst in Dalarna/Härjedalen und Norwegen erst nördlich Trondheim...

Ob und und welchem Maße Kahlschlagswirtschaft in Skandinavien wirtschaftlich unvermeidbar und ökologisch vertretbarer ist als in Deutschland, will ich nicht diskutieren an dieser Stelle. Ich glaube da in keiner Weise dran (ich bin da gewiss kein Laie...), aber das würde hier zu weit führen. Mir ging es nur darum, die Aussagen zur Naturnähe Skandinaviens (konkret Schweden und Norwegen) etwas zu relativieren...
Benutzeravatar
Wolfsblut
Beiträge: 741
Registriert: 29. Sep 2014, 11:17
Wohnort: Dresden

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von Wolfsblut »

Nach bisherigen Erkenntnissen wurde die Herde in Brück von einer acht Tiere zählenden Wolfsfamilie angegriffen, die auf dem nahen Truppenübungsplatz Lehnin lebt. Die Weide war zwar von einem Elektrozaun umgeben, aber der stromführende Draht war rund 85 Zentimeter über dem Erdboden angebracht. Die Wölfe konnten einfach unter dem Draht durchspazieren. Eine Entschädigung erhalten die Landwirte wohl trotzdem. Denn es gibt bereits genug Ärger.
Quelle: http://www.swp.de/ulm/nachrichten/polit ... kommentare

Kann man nur mit dem Kopp schütteln. Sowas bekommt auch noch ne Entschädigung. Sind die doof? :shock:
LarsD

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von LarsD »

Wolfsblut hat geschrieben:Kann man nur mit dem Kopp schütteln. Sowas bekommt auch noch ne Entschädigung. Sind die doof? :shock:
Hast Du nicht Lust, Dich einfach mal vor Ort zu begeben und genau diesen Spruch dort erneut vom Stapel zu lassen? Der Satz warme Ohren ist Dir sicher! :mrgreen: Allerdings würden Dir den wohl eher die Leute verpassen, die sich in der Gegend seit Jahren um die Wölfe und die Beratung der Landwirte kümmern. Die Problematik mit dem Schutz von Rinderherden hat man in Brandenburg bislang ausgeblendet. Wirf mal einen Blick in den aktuellen Management-Plan und suche nach der Stelle, wo die Frage auch nur ansatzweise erwähnt wird. Das Wort Rind findest Du im ganzen Plan ein einziges Mal - es steckt in "Rinderzuchtverband Berlin Brandenburg e.G." Und was dieser dort unter Punkt 7 fordert, spricht für sich. http://www.mugv.brandenburg.de/media_fa ... 3_2017.pdf

Bisher hat man hier glauben wollen, dass es bei wenigen gerissenen Kälbern bleibt, die außerhalb der Koppel und damit ohne den Schutz der Mutterkuh waren. Ein naiver Ansatz, den wir auch hier im Forum schon mehrfach diskutiert haben. Nach dem sicheren Schutz für Rinderherden wird jetzt nicht nur hier im Landkreis von allen Beteiligten fiberhaft gesucht. Wenn Du die Lösung dafür hast, dann vermittle ich Dir gerne die Kontakte zu den Ansprechpartnern hier. Die werden begeistert sein! ;-)
Benutzeravatar
Wolfsblut
Beiträge: 741
Registriert: 29. Sep 2014, 11:17
Wohnort: Dresden

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von Wolfsblut »

Als Landwirt hätte ich einfach recherchiert wie man es woanders macht, zb. hier:
http://chwolf.org/wolf-projekte/herdens ... ch-lu-2014
http://chwolf.org/wolf-projekte/herdens ... al-be-2014

Das selbstständige Denken wurde bereits in der Schule gelehrt. Die einzige die für mich einen Satz heiße Ohren verdienen sind die, die echt zu doof sind mal an den Schutz ihrer Viecher zu denken. Mein gesunder Menschenverstand sagt auch, das das reißen von Kälbern bissel logisch ist (wenn man mal ein Schaf daneben stellt sieht man wieso).

In der Schweiz gibt es aber auch eine kostengünstigere Variante die aktuell getestet wird:
http://chwolf.org/wolf-projekte/herdens ... ase-3-2014

In Australien werden auch ganz gern Alpakas eingesetzt.

Das Mutterkühe nicht ihre Kleinen verteidigen ist nun auch keine neue Erkenntnis.
kangal2
Beiträge: 501
Registriert: 31. Jan 2011, 09:31

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von kangal2 »

Man kann nur hoffen, daß die Landwirte hier nicht vorbeischauen ... :roll:
balin
Beiträge: 1314
Registriert: 10. Okt 2010, 06:53

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von balin »

Lars, im Prinzip gebe ich dir recht. Nur wird es den Fall mit acht Wölfen auf einmal eher selten geben. Die Erfahrung zeigt, daß sich große Rudel
schnell auch wieder aufteilen. Ich erinnere mich da an das Imnaha Pack das sich zwischenzeitlich auch über Jungrinder hergemacht hatte. Das war ungefähr eine Situation wie jetzt bei euch. In dem Moment, wo die Imnahas nur noch zu viert gejagd haben, war das nicht mehr so schlimm.
Was wollen auch vier Wölfe mit einem Fleischberg, den sie mit Sicherheit nicht annähernd verwerten können. Der Herdenschutz von IDFG bestand anfangs darin, Wölfe am Riss zu schiessen. Wenn es beim ersten mal nicht als Lehrbeispiel für die Überlebenden getaugt hat, dann kam halt der nächste dran. In Wyoming haben Jiminez und co so bei steigender Wolfszahl die Nutztierrisse sogar senken können. So ähnlich haben sie das in Frankreich auch angedacht, aber diese Ansätze verkommen in neuerer Zeit zur Wölfsschlächterei, weil es kein fundiertes Monitoring mehr gibt und nicht mehr auf den Effekt abgezielt wird.
Ein anderer Ansatz war das vergällen des Risses. Was dabei herausgekommen ist, habe ich allerdings nicht mehr verfolgt, da ja die vernünftige Wolfspolitik in den USA praktisch vollständig zusammengebrochen ist.
Wirklich schlimm wird es erst, wenn Wölfe Herden in die Verkehrswege treiben. Bei dem Vorfall mit den Pferden hätte ich mir eine seriöse Aufarbeitung gewünscht. Da ist nämlich ein Problem, aber das muß man im Sinne der Wölfe, der Nutztiere und der Weidehalter bearbeiten und keine billige Propaganda draus machen.
Ich kan ja mal den Stand der Schweizer zu Schutzzäunen weitergeben:
http://www.protectiondestroupeaux.ch/fi ... _04_07.pdf
und
http://www.vs.ch/NavigData/DS_68/M31742 ... 202013.pdf
Bei massigen Tieren wie Rindern habe ich da eher meine Zweifel. Wenn die in Panik sind existiert eine solche Einzäunung nur bis zum Zeitpunkt des Aufpralls.
Eindeutige Antworten gibt es nicht, aber viel Kleinarbeit für die Zukunft.
Wenn mir einer Bescheid gibt, daß die Wölfe kommen, bin ich selber bei der Herde und betreibe Wolfserziehung.
Bräuchte man Halsbänder....
usw, usw
Benutzeravatar
Wolfsblut
Beiträge: 741
Registriert: 29. Sep 2014, 11:17
Wohnort: Dresden

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von Wolfsblut »

kangal2 hat geschrieben:Man kann nur hoffen, daß die Landwirte hier nicht vorbeischauen ... :roll:
Stimmt, man könnte mal was lernen... ;-)

@Balin
In den USA haben Wölfe Bisons gerissen. Der Fleischberg hat dann bissel mehr als so ein Kalb:
http://www.spiegel.tv/filme/bbc-bison-gegen-wolf/

Herdenschutzmaßnahmen zum Trotz. Natürlich wird man Risse nie zu 100% verhindern können. Wer Landwirtschaft betreibt muss nun mal die Risiken die die Natur bietet, auch damit leben.
Grauer Wolf

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von Grauer Wolf »

balin hat geschrieben:Ich kan ja mal den Stand der Schweizer zu Schutzzäunen weitergeben:
http://www.protectiondestroupeaux.ch/fi ... _04_07.pdf
Danke für den Link. Das liest sich sehr vernünftig!

Gruß
Wolf
balin
Beiträge: 1314
Registriert: 10. Okt 2010, 06:53

Re: Die Ewig Gestrigen wieder... :(

Beitrag von balin »

@Wolfsblut
Sage ich doch, je größer die Beute, desto größer die Rudel und die Wölfe. Das Mollies Pack hatte 2012 19 Mitglieder. Kann man bei Katthie Lynch in den Wildlife News nachlesen. Ausserdem müssen sich die mit Grizzlies streiten. Wenn ich ein Kalb von etwas über 100 Kilo hernehme, dann werden vier Wölfe eine Woche lang satt. Das schließe ich aus dem Verbrauch meiner Hunde. Für ein Jungrind mit zweihundert bis dreihundert Kilo
werden dann acht Wölfe eine Woche lang satt. Im Sommer sind da die Fliegen schneller.
Antworten