holsteiner in nrw hat geschrieben: Aber warum funktioniert denn der Schutz der Schafe in Sachsen relativ gut und wo liegt die Problematik bei der Rinderhaltung? [...]
Liegt es an dem Herdenschutz durch Hunde, oder daran, dass die Weiden einfach besser durch Litzen und entsprechende Stromzäune gesichert sind?
Falls das Zweite der Grund ist, dann spricht doch nichts dagegen die Weiden entsprechend nachzurüsten, oder? Selbstverständlich muss es dafür eine finanzielle Unterstützung geben.
Aber einen Versuch ist es doch wert.....
Ich bin im Moment nicht auf dem Laufenden, wie viele der größeren Schafhalter in dem Bereich inzwischen mit HSH arbeiten. Aber ich mache mich dazu mal schlau. Bei der Rinderhaltung gibt es mehrere Probleme. Es fängt damit an, dass das Risiko bislang völlig unterschätzt wurde. Wahrscheinlich auch mit Blick auf die Erfahrungen in Sachsen galt hier bislang, dass Rinderherden an sich nicht das Ziel von Angriffen sein werden. Wunschdenken, das die Wölfe jetzt widerlegt haben. Bei den Gegenmaßnahmen wird es jetzt interessant. HSH in so eine Rinderherde zu integrieren, ist schnell daher gesagt, in der Praxis aber so meines Wissens unter hiesigen Rahmenbedingungen noch nicht umgesetzt worden. Gegenwärtig versucht man sich an der Optimierung der Weidezäune. Bislang üblich sind die Litzenzäune. Wenn Kälber mit auf der Koppel sind, hat der Zaun zwei, ansonsten eher nur eine Litze. Die erste Litze klassische irgenwo bei 70-80 cm Höhe, die zweite zwanzig Zentimeter drunter. Diese Konstruktion ist alles, nur nicht wolfssicher und dennoch bereitet es schon Probleme, sie dauerhaft unter Strom zu halten. Denn der wird durch aufwachsendes Grünzeug oder auf den Zaun gefallene Äste bzw. größere Zweige gegen Erde geleitet. Der Effekt ist bei feuchtem Wetter noch deutlich stärker. Nächste Baustelle ist Wild. Hier reicht schon ein Rehbock, der in den Zaun springt, um ihn umzureißen oder die Litze zu zerlegen. Damit ist der Zaun schon geerdet und die Rinder sind am nächsten Morgen außerhalb der Koppel bzw. ein Wolf ggf. völlig unbehelligt in der Koppel. Das gleiche Spiel spielt Schwarzwild, wobei da dann noch mehr Masse in den Zaun rennt. Um diese Zwischenfälle zu minimieren, verbauen die beiden Bauern hier im Revier an den bekannten Wildwechseln nur eine Litze ...
Wenn jetzt ein solcher Weidezaun wolfssicher werden soll, möchte die unterste Litze nicht höher als 20 cm hängen und die obere Litze bei über einem Meter Höhe abschließen. Um auch dazwischen nicht zuviel Luft zu haben, sind wir dann bei drei bzw. vier Litzen, die zu spannen sind. Das läut mit den klassischen Metallspießen als Weidezaunpfählchen dann schon rein statisch nicht mehr. Also neue Pfähle und doppelt so viel Litze auf gleicher Zaunstrecke. Die Trasse passiert Rehwild dann nur mit einem großen Satz unbeschadet, während die Sauen zumindest anfänglich mit Schwung in die Litzen rennen. Im Bereich Brück kommen dann noch Dam- und Rotwild dazu, die ggf. auch mal über die Koppel toben. Mit einem Wolf an den Fersen bleibt da mit Sicherheit auch kein Zaun senkrecht stehen.
Nächster Punkt - Stromversorgung ... Im unmittelbaren Umgriff um den Hof werden heute netzbetriebene Weidezaungeräte benutzt. Die haben von sich aus ausreichend Dampf drauf. Abseits gelegene Koppeln werden mit Batteriegeräten betrieben. Die sind von Hause aus schwächer auf der Brust und mit abnehmender Batteriespannung ist der erzieherische Effekt schnell weg. Insbesondere in wirklich kalten Nächten wird das mit der ausreichenden Spannung dann aus Sicht des Bauern schnell spannend.
Im Klartext - im betroffenen Bereich muss der Zaunbau an den Koppeln völlig neu angegangen werden. Im Zweifel neues Material und neue Stromgeräte. Die dann theoretisch wolfssicheren Zäune stehen bei Reh-, Dam-, Rot- und insbesondere Schwarzwild auf der "Abschußliste". Gegenmaßnahmen: keine ...
Durch die tief angebrachten unteren Litzen sorgt frisches Grün von Ende April bis Ende September für ungewollten Stromfluss vom Zaun Richtung Erde. Gegenmaßnahme: Aller zwei bis drei Tage mit dem Freischneider den Bereich des Zaunes der Länge nach trimmen.
Fällt dann doch mal ein Ast oder Zweig bei Regen und Wind in den Zaun oder ein strammes Schweinchen hat mit Schwung ein bis zwei Litzen zerfetzt, bevor der Wolf an den Zaun kommt, war all die Arbeit und Mühe umsonst. Vor dem Hintergrund kannst Du Dir vorstellen, wie hier gegenwärtig diskutiert wird. Dazu kommt noch, dass die Rinder selbst diesen Zaun auch umrennen, ohne das der Wolf dazu in die Koppel muss. Und mit der A 9, der B 246 und der B 101 laufen gut befahrene Strecken durch das Gebiet, was den Leuten vor Ort natürlich zusätzlich Angst macht.
Irgendwie sind wir damit aber wohl im falschen Thread ...
Viele Grüße
Lars