Nicht irgendein "Müller-0815", sondern stellvertretender Samtgemeindebürgermeister, der im Hamburger Abendblatt 2017 mit den Worten zitiert wurde:
„Das Verhalten der Dorfbevölkerung ändert sich massiv“ [...] Bei uns mögen Frauen nicht mehr allein mit ihren Hunden in den Wald gehen, weil sie Angst haben, dass ein Wolf den Hund als Konkurrenten attackiert“, erzählte der stellvertretende Bürgermeister der Samtgemeinde Amelinghausen. Er wisse auch von einer Reiterin, die ihren Hund nicht mehr auf Ausritte mitnimmt.
Hamburger Abendblatt, 12.06.2017: Wolfsjagd sollte kein Tabu sein https://www.abendblatt.de/hamburg/harbu ... -sein.html
Ministerpräsident Stephan Weil war zu einem Termin bei einem durch einen "Brandbrief" bekanntgewordenen Schafzüchter und einem Patenschaf namens "Steffi" geladen und dort ist wohl auch der oben genannte Satz gefallen, zusammen mit der altbekannten Aussage, dass bejagte Wölfe in anderen Ländern "sehr viel mehr Scheu" hätten, "was das Zusammenleben mit ihnen deutlich erleichtere". Was man von Schweden zum Beispiel überhaupt nicht behaupten kann, wo ja gerade erst Anfang dieses Jahres ein Wolf am Rande einer Siedlung im "Ballungsraum Uppsala", wie der Erklärbär es so schön beschrieben hat, von der Polizei erschossen wurde. Es ist also möglich, dass Herrn Weil hier in zweierlei Hinsicht nicht so ganz reiner Wein eingeschenkt worden ist.
Ministerpräsident Stephan Weil wurde am Ende mit folgenden Worten zitiert:
Na Bravo, dann war der Termin ja erfolgreich.
Zu der unterstellten kollektiven Angst der Frauen: Ich bin auch regelmäßig in der Gegend unterwegs. Die Hundebesitzer und Hundebesitzer
innen kennen sich und kommen ja allein wegen der Hundebegegnungen regelmäßig unterwegs miteinander ins Gespräch. Ich kann weder feststellen, dass sich "das Verhalten der Dorfbevölkerung" (als ob sich alle gleich verhalten würden!) geändert hat noch dass weniger Frauen mit Hunden unterwegs wären - im Gegenteil.
Mich beschleicht eher das Gefühl, dass die Frauen der Samtgemeinde da ungefragt Akteure in einer Rotkäppchen-Geschichte geworden sein könnten, die ihnen das Image des kleinen, ängstlichen Hascherls zuschreibt, das unbedingt durch den edlen Waidmann geschützt werden muss. Mit meiner Realität und dem Frauenbild, das ich habe, hat das allerdings gar nichts zu tun.
Über die einzelne Reiterin, die ihren Hund angeblich nicht mehr mitnimmt, kann ich nichts sagen, aber der gute Mann hat ja laut Hamburger Abendblatt auch 75 Pferde auf seinem Hof - da ist die Angabe ja sogar realistisch.
Eine andere Aussage lautete 2015, dass ein Wolfsberater den Hotelgästen des stellvertretenden Samtgemeindebürgermeisters geraten hätte,
"nicht mehr hinter die A 7 zu fahren, da es zu gefährlich sei". (Und dennoch leben wir hier seltsamerweise alle noch!)
Jagderleben, 25.03.2015: Der Wolf treibt uns in die Illegalität https://www.jagderleben.de/news/wolf-tr ... legalitaet
Die Anwohner seien "hilflos und verärgert". Man fürchte "das Ende des ländlichen Unternehmertums". Der stellvertretende Samtgemeindebürgermeister "bestätigt" die Aussage, dass "beispielsweise Touristen fern" blieben, "wenn sie über die Anwesenheit von Grauhunden in ihrem Urlaubsziel erfahren" würden. (ebenda).
Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast (CDU) hatte das ja auch behauptet, allerdings berichtete der NDR, dass die Touristiker das völlig anders sehen würden.
NDR, 14.05.2018: Wolf als Urlauberschreck? Touristiker widersprechen https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... f3446.html
Und so sieht die Entwicklung der Übernachtungen in der Lüneburger Heide in konkreten Zahlen aus:
2010: 4,910 Mio.
2011: 5,041 Mio.
2012: 5,062 Mio.
2013: 5,087 Mio.
2014: 5,178 Mio.
2015: 5,222 Mio.
2016: 5,431 Mio.
2017: 6,389 Mio.
https://www.lueneburger-heide.de/servic ... heide.html
Nicht nur die Zahl der Wölfe steigt in unserer Region, sondern auch die Übernachtungszahlen brechen jedes Jahr neue Rekorde.
Wie gesagt, es geht hier nicht um "Müller-0815", sondern darum, wer wie und auf welche Weise die Politik hier auf dem Lande bestimmt, und welche kleine Rolle dabei offensichtlich Fakten, die Realität im Alltag und die Meinung der Bürger dabei spielen.